Hardstyle
Kolumnen

Hilfe – Hardstyle ist Kommerz

Warum ich neulich mit Erschrecken feststellen musste, dass Hardstyle bald kommerzielle Musik ist und was es für Vor- sowie Nachteile mit sich bringt, dass Hardstyle immer bekannter wird, lest ihr in dieser persönlichen Kolumne.

Vor kurzem war ich mit einer sehr Schlager-versierten Freundin unterwegs, als plötzlich “Jägermeister“ aus den Boxen ihres Autos dröhnte und sie begann den “Partyhit“ laut mitzusingen. Verwundert fragte ich meine absolut nicht Hardstyle-affine Freundin, wieso sie auf einmal Musik von Da Tweekaz hört.

Als sie mir dann erzählte, dass wir gerade eigentlich nur irgendeine Charts-Playlist auf Shuffle hören, sie den Text dieses coolen Songs aber auch schon des Öfteren zu pre-Corona-Zeiten in der lokalen Dorfdisco gehört hatte, wurde mir klar: „Okay, Hardstyle ist definitiv nicht mehr so underground, wie es mal war.“ In diesem Moment sprach ich laut aus, was mir auf einmal ganz klar wurde: „Hardstyle wird wohl langsam zur Mainstream-Musikrichtung“.

Kommerz, Mainstream und Genrevermischung

Je mehr ich darüber nachdachte, desto bewusster wurde mir, wie Recht ich damit hatte – Die Kommerzialisierung der Harder Styles ist längst nicht mehr zu leugnen.

Mal ganz abgesehen davon, dass Hardstyle Tracks nun in Dorfdiscos im Wechsel mit Schlagersongs von Malle-King Wolle Petry sowie Malle-Queen Mia Julia laufen. – Sobald Coone und Da Tweekaz plötzlich neben weltbekannten DJs wie Dimitri Vegas und Like Mike auf der Mainstage des bekanntesten und vor allem gehyptesten europäischen Festival, dem Tomorrowland, stehen, ist Hardstyle schon lange nicht mehr underground!

Coone als erster Harder Styles DJ auf der Tomorrowland Mainstage 2018

Außerdem lässt sich beobachten, dass immer mehr EDM-Größen wie z.B. Hardwell oder Tiesto Hardstyle-Elemente in ihre Tracks oder Sets einbauen. Wenn ich so darüber nachdenke, fällt mir auf, dass ich mich bereits auf dem Airbeat One 2019 wunderte, was ein Spoontech-Track in einem Timmy Trumpet Set zu suchen hatte.

Hardstyle VS Schlager

Zu den wahren Gesichtern der Mainstream Electro-Szene gesellt sich neuerdings allerdings auch noch eine interessante Mischung aus stolzen, ostdeutschen Selbstdarstellern und österreichischen Möchtegern DJs, die der Meinung sind, Hardstyle passe herrvorragend zu Schlager. Heutzutage gehören beispielsweise Finch Assozial oder Harris & Ford zu Künstlern, die unter sonderbare Tracks mit deutschen, fragwürdigen Vocals einen 150er Beat legen. Mit Tracks wie Emma oder Hard, Style & Volksmusik spricht man offensichtlich vor allem die deutsche Jugend von heute an.

Um ehrlich zu sein musste ich mich ja schon bei dem Mix aus Böhmischer Traum, Computerelektrovocals und Jumpstyle zurückhalten. Spätestens aber, sobald ich den stolzen Ossi: King Orgasmus über jegliche Drogen dieser Welt mit 150 BPM im Hintergrund rappen hörte, fiel es mir wirklich schwer diese Musik noch ernst zu nehmen.

Geteilte Meinungen, gespaltene Szene

Für mich ist jedenfalls eindeutig: Hardstyle wird immer bekannter und populärer. Die einen freut das, die anderen beschweren sich darüber.

Wieso sollte man nicht wollen, dass seine Lieblingsmusik zugänglicher wird, fragst du dich vielleicht. Die positiven Aspekte liegen für die meisten und somit auch für mich auf der Hand. Deshalb werde ich sie in diesem Artikel als erstes beleuchten.

Hardstyle around the world

Das Beste ist definitiv, dass man nicht mehr für jedes Festival bis in die Niederlande fahren muss, um zu seiner Lieblingsmusik tanzen zu können. Mittlerweile hat fast jedes größere deutsche Elektro-Festival eine Hardstyle-Stage, auf der man mindestens einen seiner Lieblings-Hardstyleheros sehen kann. Dadurch spart man Zeit, sowie Fahrtkosten. Aber auch in kleineren Locations, wie der bereits erwähnten Dorfdisco, bekommt man mittlerweile härtere Bässe zu hören.

Was mich persönlich auch sehr glücklich macht ist, dass mein:e Freund:innen, wie besagter Schlagerfan, langsam anfangen meine Musik zu verstehen. Vielleicht kann ich sie ja in ein paar Jahren sogar mit auf ein Hardstyle Festival nehmen.

Auch positiv ist, dass die meisten Hardstyle Künstler:innen und deren Tracks mittlerweile auf allen gängigen Streaming Plattformen vertreten sind. Somit muss man nicht mehr ewig in den Tiefen des Internets nach Sets suchen.

Hardstyle soll underground bleiben

Nach dem Durchstöbern diverser Internetforen, durfte ich auf der anderen Seite aber auch immer wieder lesen, dass Hardstyle ein „Nischen-“ bzw. Underground-Genre bleiben sollte. Verstehen kann ich diese Stimmen schon, denn die Kommerzialisierung des Hardstyles hat auf der anderen Seite auch nervige Nebenerscheinungen.

Je zugänglicher Hardstyle für die breite Masse wird, desto mehr Leute aus anderen Genres aka „Festivaltouris“ springen auf unseren heiß geliebten „Underground Festivals“ herum. Wenn ich mal so darüber nachdenke, kam es während der letzten Festivals, die ich besucht habe, vermehrt vor, dass Leute Fragen wie „Jo, wer legt da gerade auf?“ oder „Wer ist eigentlich Dirty Workz?“ gestellt haben.

Natürlich möchte ich hier nicht diejenigen diskriminieren, die gerade erst die Harder Styles für sich entdeckt haben. Ich spreche eher von den Menschen, die die Defqon nur besuchen, weil es eben “irgendein bekanntes elektronisches Festival“ ist. Oder auch von jenen Menschen, die Hardstyle generell schlecht finden, aber sobald es auf der Tomorrowland Mainstage läuft, plötzlich übel dazu feiern.

Mit besagten „Festivaltouris“ kommt auch das Problem der Ticketknappheit. Menschen, die eigentlich gar nicht so gerne Hardstyle hören, könnten den wahren „Hardheads“ die Tickets wegschnappen.

Fakt ist außerdem: Dadurch, dass es bekannter wird, wird ein Festival automatisch immer “anonymer“. Unter die wahren Harder Styles Liebhaber mischen sich immer mehr dieser „Festivaltouris“. Vorbei ist es schon bald mit den Zeiten, wo man von Stage zu Stage gelaufen ist und die Hälfte der Leute, die einem über den Weg gelaufen ist, kannte.

Aber auch zu den DJs und Producern gesellen sich immer mehr Personen, die Hard Dance Musik dann nur des Geldes und der Popularität wegen produzieren/ auflegen und nicht mehr mit dem Herz dabei sind.

Einen Aspekt, den ich außerdem beobachten konnte ist, dass Hardstyle-Tracks immer kürzer werden. Dadurch, dass es in der Gesamtheit mehr Tracks gibt, klingen diese außerdem ähnlicher.

Ausblick – Think positiv

Eins steht für mich fest: Ein Wandel in der Harder Styles Szene wird kommen. – Eigentlich befinden wir uns schon mittendrin.

So schade es doch ist, dass “die Magie des Undergrounds“ durch diesen Wandel verloren geht. Umso mehr können wir uns darüber freuen, dass immer mehr Leute die schönste Musikrichtung der Welt kennenlernen dürfen und es dadurch schon bald mehr Gleichgesinnte geben wird.

Wie ist eure Meinung zu diesem Thema? Zählt eure Stimme eher zu den positiven oder negativen? Diskutiert darüber gerne mit mir und miteinander in den Kommentaren.

Leo Lau
"Pain is temporary, at the end of pain is success!" - Pain is temporary, Thyron

5 thoughts on “Hilfe – Hardstyle ist Kommerz

  1. Danke Leo du sprichst mir aus dem Herzen, am Anfang (so um 2017) fand ich es eigentlich gut dass unsere Musikrichtung ein wenig populärer wird und es endlich auch mehr Events bei mir in Süddeutschland gibt, bzw mehr Menschen anspricht (Hätte immer gedacht ich wär der einzige der sowoas hört😅😅). Mittlerweile bin ich gespaltener Meinung was dies angeht, so sind wie besagte Dj‘s und Künstler wirklich nur auf den schnellen Erfolg aus und da kommt halt denen der Hardstyle Hype ganz recht ( da hast du die 2 schlimmsten erwähnt😂😂). Auch Freunde die Hardstyle immer verteufelt haben hören es Mittlerweile. Ich habe auch gemerkt wie sich das Publikum auf Festivals und Partys auch verändert hat zum Mainstream und ein wenig der Familiengeist verloren geht. Naja die Zukunft wird zeigen wie es weiter geht , ich werde trotzdem weiterhin auf Festivals und co fahren, es kann sich ja jeder seine Meinung ruhig selber bilden ob des jetzt gut ist oder schlecht.
    In dem Sinne

    1. Genau, am Anfang fand ich es auch erst positiv. Gerade im Hinblick darauf, dass meine Freunde meine Musik feiern.
      Aber leider fallen bei genauerem Betrachten bzw. mit der Zeit auch die genannten negativen Aspekte auf.
      „Das Verlorengehen des Familiengeists“ ist eine treffende Umschreibung dafür.

      Aber genau, wir werden sehen, was die Zukunft bringt… 🙂

      1. Hi.Du/Ihr freut euch das Hardstyle immer populärer wird?!Ich habe Hardstyle von Anfang an miterlebt.In meiner Stadt gab es die erste und bis dahin einzige Hardstyle Diskothek.Wenn du mehr über Hardstyle Classics wissen möchtest kein Problem.👌Lg

  2. Vollkommene Zustimmung zur Lage der Dinge. Schlecht finde ich das allerdings nicht. Nebenbei: Festivals wie die Defqon sind schon lange weit weg von Underground und in Holland hatten die Harder Stylez schon immer einen ganz anderen, viel populäreren Stand in der Musikwelt.
    Musik ist schon immer zyklisch gewesen. Ein Style wandelt sich – wird entweder immer populärer aka Mainstream oder sinkt ab in Richtung vergessen (hat Hardcore zB beides schon erlebt). So oder so schaffen beide Wege den Raum für neuen Underground, neue Kreativität usw. Dann geht es wieder von vorn los. Und das ist gut so. 2021: Hardstyle wird vielleicht das neue EDM. Gleichzeitig kommen neue Styles langsam hoch (Xtra Raw zB). Techno wird aktuell immer tranciger – dafür entwickelt sich mit Dark Techno ein neuer Style. You get it.
    Solche Zyklen sind manchmal ärgerlich aber eben auch Dünger für Neues. In diesem Sinne

    1. Als Zyklus kann man das natürlich auch sehen. Ich habe in diesem Artikel auch mehr auf den „Zyklusstatus“, den Hardstyle meiner Meinung nach momentan erlebt, angespielt.
      Musik wandelt sich und das ist auch ganz normal, da sind wir uns einig.
      Und klar in Holland hat Musik sowieso einen ganz anderen Stellenwert, das stimmt.

      Ich bin auch sehr gespannt, ob sich noch weitere Subgenres entwickeln werden und blicke dem Ganzen eher positiv sowie gespannt entgegen. Dennoch gibt es meiner Meinung nach eben auch ein paar negative „Begeleiterscheinungen“, die nicht ausbleiben und die ich deshalb auch in diesem Artikel behandeln wollte. Für mich haben Tracks von besagten Künstlern außerdem eben nicht mehr viel mit Hardstyle zu tun…

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